life Schreiadler: Seggenmoore

Offene Seggenmoore - Multitalente der Landschaft

Der Lebensraum der offenen Seggenmoore stellt in vielerlei Hinsicht eine große Besonderheit dar. Seit der letzten Eiszeit sind Seggenmoore in der überwiegend bewaldeten Landschaft Mitteleuropas einer der wenigen großflächig baumarmen Lebensräume. Sie beherbergen durch ihre Offenheit und permanente Nässe eine hoch spezialisierte Artengemeinschaft. Nicht nur Seggenrohrsänger, sondern auch Vogelarten wie Uferschnepfe, Bekassine, Großer Brachvogel und Tüpfelsumpfhuhn haben hier ihren Verbreitungsschwerpunkt. Seltene Orchideen wie das Große Knabenkraut (Dactylorrhiza majalis) oder der Sumpfsitter (Epipactis palustris), Heuschrecken wie die Sumpfheuschrecke (Symphytum grossum), Libellen wie die Zwerglibelle (Nehalennia speciosa) und manch seltene Käfer- und Schmetterlingsart sind auf diesen Lebensraum angewiesen. Eine große Zahl an Seggen- und Moosarten sind typisch für solche Gebiete.

Mit Moorbildung werden Nährstoffe (Phosphor, Stickstoff) und Kohlenstoffdioxid festgelegt. Die heute teils mächtigen Torfauflagen stellen also gewaltige Speicher von klimaschädlichen Gasen dar. In jüngster Zeit wird man sich der zentralen Rolle der Moore im globalen Kohlenstoffhaushalt bewusst. Obwohl sie nur drei Prozent der weltweiten Landoberfläche einnehmen, speichern Moore doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde: etwa 550 Gigatonnen. Damit tragen Moore ganz erheblich zur dauerhaften CO2-Reduzierung in der Atmosphäre bei (Joosten 2010).
Der Torfkörper wirkt dazu noch wie ein riesiger Schwamm in der Landschaft. Er verhindert, dass das Wasser in niederschlagsarmen Zeiten einfach abläuft. Gleichzeitig wird das Wasser, innerhalb des Moorkörpers, wie in einem riesigen Filter gereinigt.
Kaum bekannt ist ihr hoher Stellenwert für das Kleinklima. Sie wirken ausgleichend kühlend und verringern damit auch das Verdunstungspotenzial der Umgebung.

Hinter all diesen Eigenheiten steckt eine große Besonderheit: intakte Moore wachsen. Aufgrund der hohen Wasserstände werden die abgestorbenen, vor allem unterirdischen Pflanzenteile nicht vollständig zersetzt und sammeln sich kontinuierlich an. Diese unvollständig zersetzten Pflanzenreste bilden den für Moore kennzeichnenden Torf. So wachsen die Moore Stück für Stück höher. Ganz, ganz grob kann man sagen, dass ein Moor im Jahr etwa 1 mm wächst. Nach 10.000 Jahren - so lange liegt die letzte Eiszeit zurück- können dann bei günstigen Verhältnissen schon mal 10 m mächtige Moore entstehen.

Entwässerung der Seggenmoore - Probleme ohne Ende

Alle vorher beschriebenen nützlichen Eigenschaften der Moore wurden im 20. Jahrhundert in fast allen europäischen Mooren durch eine einfache Maßnahme zerstört.
Das Stichwort lautet: intensive Entwässerung.

Durch die Anlage von tiefen Gräben wird der Moorwasserspiegel abgesenkt. Dadurch gerät der vorher unter Wasser liegende Torfkörper in Kontakt mit Luft, und ein Zersetzungsprozess beginnt. Ähnlich einem Topf voll Blumenerde (ebenfalls aus Torf!) beginnt der Torfkörper, mit der Zeit zu schrumpfen. Der Zersetzungsprozess schreitet dabei viel schneller voran als der ursprüngliche Wachstumsprozess. Sackungsraten von 1 cm pro Jahr sind keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Der zersetzte Torf verliert dabei seine Speicherfunktion und gibt Nährstoffe und klimaschädliche Stoffe wieder frei. Durch jährliche Emissionsmengen von 12-18 t Kohlenstoffdioxid je Hektar tragen entwässerte Moore auch erheblich zur Verschärfung des Klimawandels bei.

Ein hör- und sichtbares Zeichen für den schlechten Zustand der Seggenmoore ist das Verschwinden zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Infolge der Entwässerungen sind Großer Feuerfalter, Sumpfschrecke, Zwerglibelle, Tüpfelsumpfhuhn, Wachtelkönig, Bekassine, Großer Brachvogel, Knäkente, Trollblume, Geflecktes Knabenkraut oder Sumpf-Glanzkraut in vielen Gebieten verschwunden und heute stark gefährdet. Die Doppelschnepfe ist in Deutschland bereits ausgestorben, der Seggenrohrsänger und das Birkhuhn stehen kurz davor.

Zeit zum Handeln - Moore brauchen Wasser

In den vergangenen 20 Jahren hat man in vielen Projekten Erfahrungen darin gesammelt, wie man Mooren ihre Funktionstüchtigkeit wiedergeben kann. Von größter Bedeutung ist dabei die Reduzierung der Entwässerungsintensität und eine Annäherung an den ursprünglichen Moorwasserstand. Im EU-Life-Projekt wollen wir durch wasserbauliche Maßnahmen und Anpassung der Bewirtschaftungsformen ein großes Moor, das Sernitzmoor bei Greiffenberg, wiederbeleben. Es soll dort, wo es möglich ist, wieder Torf bilden und damit seine ursprünglichen Funktionen wiedergewinnen. Dazu arbeiten die Projektmitarbeiter eng mit Landnutzern, Fachbehörden und Anwohnern zusammen. Durch die Führung eines öffentlichen Beteiligungsverfahrens sollen Betroffenheiten aufgenommen und berücksichtigt werden, Bedenken erörtert und Beteiligungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Seggenmoore
Moorfrosch
Schlenken, Rasen und Bulten
Fieberklee
Breitblättriges Knabenkraut
Trollblume
Sumpfdotterblume
Rispen-Segge
Orchideen
Vierfleck
Logo Land BrandenburgLogo Natura 2000Logo Live